Illustration Die Chronik unserer Bäckerei

Bäckerhaus Lienau
Das Bäckerhaus Lienau um 1925

Folgendes Bild gehörte früher zum Alltagsleben in der Haseldorfer Marsch:

Ein vierräderigerer Einspänner mit schrankartigem Kastenaufbau rattert über die klinkergepflasterte Ringstraße von Haus zu Haus. Noch bevor der Wagen hält, hat schon das flinke Mädel neben dem Kutscher einen der viereckigen Henkelkörbe vom Dach gelangt und ist vom Bock gesprungen. Während sie in der Küchentür verschwindet – überall kennt sie die Hausgelegenheiten – zieht der Braune wieder an bis zum nächsten Anwesen. Dort steigt der Kutscher ab, trägt einen gefüllten Korb hinein und kehrt mit ihm leer zurück. Inzwischen ist das Mädel wieder herangekommen, beide sitzen auf, und weiter geht es im Wechsel von einem Halt zum andern. Bäckermeister Heinrich Lienau von Hohenhorst, Besitzer der ältesten Bäckerei im Bezirk Uetersen (Stadt und Land) der Kreisinnung, ist mit seiner Tochter Irmgard auf Liefertour zwischen Klevendeich und Haseldorf.

Jetzt fährt auch er ein Lieferauto, obgleich er seinen Kundenkreis nicht über das Gebiet des Heimatkirchspiels ausgedehnt hat. Man muß mit der Zeit gehen! Das tat schon der junge Meister, als er 1939, zwei Jahre nach Geschäftsübernahme, das alte Haus, in dem bereits drei Generationen vor ihm die Bäckerei betrieben hatten, umbauen und das Backhaus modernisieren ließ. Der alte „deutsche Backofen", der noch mit Holz und Torf geheizt wurde – die Hälfte des Bäckertagewerks bestand damals in Holzschlagen – mußte einem neuzeitlichen, dampfbeheitzten Gerät weichen, und die Backstube wurde mit arbeitsparenden Maschinen zum Teigrühren, Sahneschlagen und so weiter ausgestattet.

Pferd und Wagen
Die Backwaren wurden damals mit Pferd und Wagen ausgefahren: Heinrich Lienau und Tochter Irmgard.

Heinrich Lienau gehört zu jenem Zweig der großen Lienau-Sippe, der in den Elbmarschen bis nach Brunsbüttelkoog hinunter ansässig ist. „Als Kriegsknechte", wie die Überlieferung besagt, sind seine Vorfahren um 1200 ins Land gekommen. Doch erst 1641 findet man Jakob Lienau in Altendeich urkundlich verzeichnet, weil bei einer der Sturmfluten des 17. Jahrhunderts alle Familiendokumente aus vorheriger Zeit verloren gingen. Bis auf Heinrich, 1904 geboren, führen alle Lienaus der Linie das „J“ am Anfang des Vornamens: Jakob, Joachim, Johann, Jürgen. Ein Joachim Lienau wird der Begründer der „Bäckerdynastie“. 1797 zu Altendeich geboren, heiratete er als Soldat in Glückstadt 1822 die vier Jahre jüngere Metta Plüschau aus Mühlenwurth. Dort lebt das Paar zehn Jahre. Frau Metta bringt in dieser Zeit fünf Kinder zur Welt. 1832 - wieder kommt Metta „zum Liegen“ - erwerben sie das Anwesen in Hohenhorst und eröffnen die Bäckerei.

Als 1834 Joachim als siebentes Kind und fünfter Sohn getauft wird, läßt sich der Vater als „Kleinkätner und Bäcker“ ins Kirchenbuch eintragen. Bis zum Jahre 1840 steht er noch dreimal am Taufbecken, aber mit 10 Kindern in 18 Ehejahren läßt er es dann bewenden.